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Es muss ein Monster sein

Wir schreiben das Jahr 2017, Linux gehört zum alltäglichen im IT Umfeld von Behörden und Unternehmen. …dachte ich!

Für mich ist das heterogene Miteinander verschiedener Betriebssysteme im professionellen Umfeld normaler Alltag, und das bereits seit etwa 20 Jahren. Jedes gegenwärtige Betriebssystem hat seine Stärken und Schwächen wie auch seine Daseinsberechtigung. Eingesetzt wird immer das für den jeweiligen Zweck geeignete. So weit, so einfach. …dachte ich!

Eine Anfrage für eine Schulung zerstörte diese „heile Welt“. Angefragt wurde eine Schulung zum Apache Webserver, allerdings unter Windows. „Wer macht denn so was?“ war meine erste Reaktion. Die Antwort: die Stadtverwaltung einer hessischen Großstadt.

Apache Webserver-Schulungen sind Teil meines beruflichen Alltags, allerdings immer unter Linux. Also, Rückfrage beim Interessenten. Nach kurzer Diskussion teilte mir mein Gesprächspartner mit, dass ich bei Ihm offene Türen einrenne, die Stadtverwaltung den Einsatz von Linux allerdings kategorisch ausschließt. Auch gäbe es in der gesamten IT-Abteilung der Stadtverwaltung keinen Mitarbeiter mit Linux-Kenntnissen. Wie gesagt, wir schreiben das Jahr 2017.
Erstaunlich am Gespräch war jedoch, dass sich die, mit der Betreuung der Webserver betrauten, Mitarbeiter auch ohne Linux-Kentnisse für dessen Einsatz ausgesprochen haben, die Stadtverwaltung dem aber nicht folgte. Auch wurde mir mitgeteilt, dass es keine Vorbehalte gegen Open-Source-Software im Allgemeinen gäbe, lediglich Linux wird nicht eingesetzt.

Ein anderes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit.

Es erreichte uns ein „Notruf“ aus einem in der Umgebung ansässigen Industriebetrieb. Die Situation: Eine Maschine des Betriebes, die Teil der Qualitätssicherung der Produktion ist, streikt. Für einen Zulieferer der Automobilbranche kann das schnell zur Katastrophe werden. Besagte Maschine wurde über eine unter Linux betriebene Software gesteuert. Der Hersteller der Software erfragte eine Teamviewer Verbindung zum PC, dieser war jedoch nicht mit dem Netzwerk des Unternehmens verbunden. Hier kam ich ins Spiel, als „Linux Fachmann“ sollte ich den PC mit dem Netzwerk verbinden. Ich helfe natürlich gerne, dass es allerdings einen Linux-Fachmann braucht, um ein Patch-Kabel einzustecken wundert schon. Der verantwortliche technische Betriebsleiter gab mir telefonisch zu verstehen, dass er fürchte sein reines Windows-Netzwerk könne Schaden nehmen, wenn ein Linux Computer damit verbunden werde. Ich bin am Telefon nicht oft sprachlos,….

Seit inzwischen ca. 10 Jahren unterrichte ich verschiedene IT-Themen, darunter auch Linux-Grundlagen im Rahmen der Berufsausbildung von Fachinformatikern. Nach 10 Jahren drängt sich mir der Verdacht auf, dass diejenigen, die nach der Ausbildung über belastbare Linux-Kenntnisse verfügen, diese Kenntnisse nicht etwa durch die Ausbildung, sondern durch Eigenengagement erlangt haben. Innerhalb der Ausbildung kommt Linux zwar vor, ein hoher Stellenwert wird diesem Betriebssystem jedoch nicht beigemessen. So ist zumindest mein Eindruck.

Die jüngsten Entwicklungen rund um das Münchner Limux-Projekt erhärten den Eindruck, dass es sich bei Linux um ein Monster handeln muss.

Meine eigenen Erfahrung nach beinahe 20 Jahren Linux-Produktiveinsatz im Umfeld kleiner Unternehmen sprechen eine andere Sprache. Sicherlich gab und gibt es Skepsis im Kreise meiner Kunden. Diese anfängliche Skepsis beruht in der Regel auf beiläufig aufgeschnappten „Fakten“ und – was zu entschuldigen ist – mangelnden IT-Kenntnissen. Ist ein Linux-Server erst einmal in Betrieb genommen, gerät die Tatsache, dass er nicht unter Windows läuft in der Regel schnell in Vergessenheit. Ärger machen diese Server ohnehin selten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Administratoren, die Linux einsetzen andere Erfahrungen machen. Linux erfüllt seinen Zweck, von einem Monster keine Spur. Selbst Münchens IT-Leiter kann mit den Worten „Es gibt keine größeren technischen Probleme“ zitiert werden.

Bleibt also die Frage, warum 3 Jahre nach Steve Ballmers abtreten, Linux noch immer so wahrgenommen wird, als wäre Mr. Ballmer mit seiner „Fear, Uncertainty and Doubt“ (FUD/Furcht, Ungewissheit und Zweifel) Strategie noch immer aktiv?

Eine vernünftige Antwort habe ich nicht, ich wage auch anzuzweifeln, dass es sie gibt.

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