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Liebe Lehrer

ist euch schon mal in den Sinn gekommen, dass euer bedingungsloses Festhalten an Produkten des Hauses Microsoft, viele Familien, die auf jeden Euro achten müssen, in Schwierigkeiten bringt?

Ich arbeite jetzt seit ziemlich genau 20 Jahren als System- und Netzwerkadministrator und betreue beinahe genauso lange die IT von gemeinnützigen Vereinen in der Jugendpflege. Gestern rief mich ein Jugendlicher aus einer betreuten Wohngruppe an und fragte, ob ich nicht auf deren PC in der Wohngruppe Microsoft Office installieren könne.

Meine Gegenfrage nach dem Warum beantwortete er damit, dass die Jugendlichen der Wohngruppe, die von Ihnen erstellten Präsentationen von LibreOffice Impress ins MS Powerpoint Format umwandeln müssten und dabei immer wieder Probleme auftreten.

Er sagte weiter, dass der Umgang mit Powerpoint ja viel leichter sei als mit „dem Anderen“.

Aus früheren Gesprächen mit den Jugendlichen weiß ich, was damit gemeint ist. Die Lehrer speziell an dieser Schule im Taunus bewerten Präsentationen dann besonders gut, wenn sie mit möglichst vielen Effekten daher kommen (genau das ist mit Impress nicht ganz so einfach wie mit Powerpoint). Liebe Lehrer, das ist das erste was sich Schüler später im Berufsleben wieder abgewöhnen müssen! Effekte werden bei professionellen Präsentationen äußerst ungern gesehen.

Problem Nummer zwei (auf die Sache mit dem Geld komme ich noch) ist die Terminologie. Lehrer scheinen wie selbstverständlich die gängigen Markenbegriffe „Word“, „Powerpoint“ und „Excel“ zu verwenden und verwandeln damit den Unterricht in eine Dauerwerbeveranstaltung. Liebe Lehrer es heißt „Textverarbeitung“, „Tabellenkalkulation“ und „Präsentationsprogramm“, zugegeben nicht ganz so eingängige Begriffe, dafür aber korrekt und neutral!

Interessant in diesem Zusammenhang war eine Erfahrung in meinem näheren Bekanntenkreis. Eine Bekannte, damals frisch gebackene Referendarin auf dem Weg zur Gymnasiallehrerin, wurde kurz nach Antritt des Referendariats zu einem Wochenendseminar zum Thema Computer und Software im Unterricht eingeladen. (Natürlich nicht nur Sie, sondern auch alle anderen Referendare dieses Jahrgangs.) Die Veranstaltung fand in luxuriöser Umgebung eines besseren Hotels statt, finanziert und veranstaltet von? Ist leicht zu erraten: Microsoft.

Als Sie von der Veranstaltung zurück kam hatte Sie Software der genannten Softwareschmiede im Wert von mehreren Hundert Euro (möglicherweise sogar noch mehr, ich weiss es nicht mehr) im Gepäck. Liebe Lehrer, nur weil Ihr das Zeug geschenkt bekommt, ist das noch lange nicht für eure Schüler so!

In meinem Telefonat fragte ich den Jugendlichen, ob es richtig sei, dass er von der Schule letztlich gezwungen wird Geld für Software auszugeben, welches er evtl. gar nicht hat. Er antwortete schlicht: NEIN!

Evtl. sollten Sie sich die Frage mal selbst stellen. Es gibt jedenfalls genug kostenfreie Alternativen zu Microsoft Office. Alle haben Ihre Stärken und Schwächen, ich zum Beispiel habe meine Diplomarbeit damals bewusst nicht mit MS Word sondern mit Lotus WordPro geschrieben, das stürzte wenigstens nicht dauernd ab, wenn der Text eine bestimmte Länge überschritten hatte.

Es kann doch beim besten Willen eine Schule nicht vor unlösbare Probleme stellen, neben MS Office auch Libre- oder OpenOffice anzubieten und Lehrer auch darauf zu schulen.

Stefan Schäfer

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